Marokko, Farben und Geschichten - Reisebeschreibung

Normalerweise schreibe ich diese Zeilen hier gerne auf der Rückreise in einem Flughafenterminal. Dafür blieb diesmal mal so was von gar keine Zeit. Weder in Marrakesch noch beim Zwischenstopp in Paris gab es viele freie Minuten. In Paris hätten es nicht mal 5 Minuten weniger sein dürfen, aber ich habe es echt geschafft, bei einem nur 45 minütigen Zwischenstopp in Paris Charles de Gaulle trotz streikendem Sicherheitspersonal den Anschluss zu erreichen und so wider Erwarten noch Abends zu Hause einzutreffen.
Allerdings fast logischerweise ohne mein Gepäck. Da auch beim Hinflug nach Casa Blanca mein Gepäck den Flug verpasst hatte, kann nun mein geliebter Reiserucksack von sich behaupten, zwei aufregende Nächte in Paris verbracht zu haben.
Nun aber etwas über Marokko und was ich dort so alles gesehen und erlebt habe.
Wir beginnen mit Chefchaouen, der blauen Stadt in Norden. Ja, blau. Warum in Chefchaouen so viele Wände und Gebäudeteile blau angestrichen wurden und werden, dafür gibt es verschiedene Thesen. Zum eine sollen dadurch die Mücken fern bleiben. Keiner weiß ob das funktioniert. Manch einer behauptet, es wird ausschließlich gemacht, und Touristen anzulocken. Das funktioniert auf jeden Fall, denn die in allen Tönen der Farbe Blau gestrichenen Wände, Treppen, Torbögen und Fassaden sind wirklich sehr interessant und bieten schöne Fotomotive. Bei Tag und bei Nacht. Bei einer Wanderung zu den umliegenden Dörfer ergab sich immer wieder ein schönes Panorama, wo gut zu sehen war, wie blau die Stadt wirklich ist.
In Chefchaouen selbst war es nicht minder interessant. Die gesamte Altstadt mit ihren reizvollen engen Gassen, kleinen Plätzen, blau- und weißgetünchten Häusern lädt zum Schlendern und Verweilen ein. Überall werden Souvenirs, Waren und Lebensmittel feilgeboten. Und die pfiffigen Verkäufer einer Teppichknüpferei fanden an diesem Tag überraschenderweise auch ein paar willige Abnehmer der echt schönen Teppiche. Zum Glück kann ich mit Teppichen wirklich gar nichts anfangen, sonst wäre die Versuchung hier sehr groß gewesen.
Auch super interessant: Chefchaouen galt über Jahrhunderte als heilige Stadt, die Ausländern unter Androhung der Todesstrafe versperrt war; dies hat dazu beigetragen, dass in ihr mittelalterliche Architektur erhalten blieb.
Die Überreste von römischer Architektur gab es am nächsten Tag auf unserem Weg nach Fès zu besichtigen. Die archäologische Stätte Volubilis zeigt die am besten erhaltenen Monumente aus der römischen Antike in diesem Teil Nordafrikas. Zu sehen gabe es unter anderem eine Basilika, vier Thermenanlagen, verschiedene Tempel, den Triumphbogen und das Eingangstor zur Stadt aus dem 3. Jahrhundert sowie viele Mosaike.
Im nahe gelegenen Meknès gab es noch den als Heri es-Souani bezeichneten Gebäudekomplex zu besichtigen. Heri es-Souani ist ein riesiger Vorratsspeicher mit anschließenden Stallungen und einem großen Wasserbecken am Rand der von Sultan Mulai Ismail gegründeten Palaststadt (Ville Impériale). Auch die Bab Mansour el Aleuj genannte Toranlage war sehr eindrucksvoll.
Am nächste Tag in Fès jagte dann ein Höhepunkt den nächsten. Fès ist die älteste der vier Königsstädte des Landes und galt nach der Gründung der Qarawiyin-Universität als geistiges Zentrum des Landes. Die Altstadt ist ein Musterbeispiel der orientalischen Stadt. Dabei soll es sich in Hinblick auf die Fläche um die weltweit größte mittelalterliche Altstadt handeln. Von einem Aussichtspunkt hat eine schönen Überblick um direkt danach in die enge Altstadt einzutauchen. In einem Keramik- und Mosaikherstellungsbetrieb wurde ausführlich über die mittelalterliche Kunst des Zusammenfügens von verschiedenfarbigen oder verschieden geformten Teilen zu Mustern oder Bildern erklärt. Auch in einer Weberei und der berühmten Gerberei gab es viele interessante Dinge zu sehen und zu erfahren.
Wie auch in Fès war die Zeit in Marrakesch, auch als "Rote Stadt" bezeichnet, ganz im Zeichen von Kultur und der Besichtigung der Märkte. Hauptattraktion der Stadt ist die Djemaa el Fna (arabisch etwa Versammlung der Toten), der mittelalterliche Markt- und Henkersplatz, heute ein lebendiger Ort orientalischer Geschichtenerzähler und Gaukler. Die berühmten Suqs, in denen Händler ihre Ware verkaufen, sind eine beliebte Touristenattraktionen. Hier können landestypische Souvenirs wie Gewürze, bunte Tücher, Lederwaren und Laternen erworben werden. Hier wird gehandelt, gerufen, auf sich aufmerksam gemacht. Gehupt, gedrängt und per Handschlag ein Handel abgeschlossen. Das kann je nach Laune lustig, nervenaufreibend, anstrengend, nervig oder alles zusammen sein. Ich habe dieses Mal jedenfalls viel Spaß am Feilschen gefunden. Weitere Höhepunkte in Marrakech waren der botanische Garten Jardin Majorelle, der durch seine Pflanzenvielfalt und eigentümliche Architektur besticht, der Bahia-Palast, die Saadier-Gräber und der el-Badi-Palast, welcher Ende des 16. Jahrhunderts von dem Saadier-Sultan Ahmad al-Mansur nach seinem Sieg über die Portugiesen in der „Schlacht der drei Könige“ in Auftrag gegeben wurde. Die Strecken zwischen den Sehenswürdigkeiten lassen sich stilvoll in einer Kutsche oder mit den den üblichen Tuk-Tuks bewältigen.
Auf dem Weg in die Wüste überquert man zuerst das Hohe Atlas Gebirge. Malerische Bergdörfer, serpentinenartige Straßen, Schnee bedeckte Gipfel und die Todra-Schlucht am Rand der wunderschöne Oase Tinghir machen hier den Weg zum Ziel.
In der Wüste erwartet einen dann das bekannte Bild. Sand, mehr Sand, noch mehr Sand und Kamele. Und auch wenn ich nun schon häufiger in verschiedenen Wüsten unterwegs war, die sind doch immer etwas anders. Diesmal war der Kamelritt und der Sonnenuntergang von einem Dünenkamm wirklich sehr magisch. Und auf dem Rückweg hab ich wirklich sehr geniale Fotos der Karawane aufnehmen dürfen. Sehr speziell war auch der Besuch einer nomadischen Berberfamilie , welche am Rand der Wüste gemeinsam in einer kleinen Gemeinschaft alle paar Monate weiterzieht.
Zurück im südlichen Hohen Atlas Gebirge gab es weitere aufregende und interessante Orte zu besichtigen. Da ist zum Beispiel Aït-Ben-Haddou, eine befestigte Stadt (Ksar) welche als großartiges Beispiel marokkanischer Lehmarchitektur gilt und als Filmkulisse in Gladiator und Game of Thrones weltberühmt wurde. Die Stätte war Hauptort der Sippe (Aït) der Ben Haddou. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein lebten die Bewohner des Ben-Haddou-Stammes als Selbstversorger von der Landwirtschaft, zu der auch ein wenig Viehzucht (Schafe, Ziegen, Hühner) gehörte. Um Aroumd, Ausgangsort für viele Bergsteigerexpeditionen zum Toubkal, dem höchsten Berg Nordafrikas, kann man schön durch Walnuss, Kirsch- und Apfelbaumwälder wandern und in einer einfachen Unterkunft die kühle marokkanische Bergluft genießen.
Zum Abschluss ging es noch zur Atlantikküste, vor allem zum Surfen in Taghazout und zur Besichtigung der berühmten Altstadt (Medina) von Essaouira. In Essaouira werden im Fischereihafen noch Schiffe in traditioneller Manier aus Holz gefertigt, Netze geflickt und Angelschnüre mit Ködern bestückt. Die in der Bucht von Essaouira gelegenen Islas de Mogador soll ein phönizischer Außenposten der antiken Welt gewesen sein und die Phönizier sollen hier Purpurschnecken gezüchtet haben.
Und mit dieser etwas ungewöhnlichen These schließe ich diesmal den Reisebericht ab.

 

 

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