Walhaiforschungsprojekt Malediven - Reisebeschreibung

Im dritten Teil meiner aufgeteilten 3-monatigen Auszeit hat es mich auf die Malediven verschlagen. Und wie Ihr bereits vermutet, nicht um in der Sonne auszuspannen, sondern um eine ganz spezielle Tierart zu beobachten. Walhaie! Und zwar im Rahmen eines For-schungsprojektes mit MWSRP, dem Maledivian Whale Shark Research Programm.
Diesmal ging es also nicht darum, sich die Hände schmutzig, sondern nass zu machen. Logischerweise nicht nur die Hände, da wir zum Erforschen und beobachten täglich viel Zeit im Wasser verbracht haben. Noch mehr Zeit ging logischerweise für die Suche nach den sanften Riesen mit dem Expeditionsboot drauf. Unsere Basis war die MV Felicity, ein Segelschiff, welches uns direkt vom Flughafen abgeholt hat um ein paar Segelstunden weiter südlich im Süd Ari Atoll mitten im tropischen Inselparadies vor Anker zu gehen.
Schon während der Überfahrt zum Atoll wurden wir von Spinner-Delfinen begleitet. Wie der Name aus dem englischen schon verrät, springt diese Delfinart gerne aus dem Wasser und dreht sich dabei mehrfach um die eigene Achse. Ein weiterer tierischer Höhepunkt am Abend waren die im Bordlampenschein leuchtenden Kalmare, welche mit unglaublich flincken Manövern kleinere Fische gejagt und gefangen haben.
Nach einer erholsamen ruhigen Nacht starteten wir nach einer kurzen Einführung direkt mit unseren Walhai-Forschungstätigkeiten. Der größte Teil des Forschungsprojektes findet im Meeresschutzgebiet South Ari Marine Protected Area (SAMPA) statt, welches aus einem 42 km langen Meeresstreifen um die südliche Basis des Süd-Ari-Atolls besteht. Das Gebiet erstreckt sich bis zu 1 km von der Küste entfernt und verläuft von der Insel Rangali an ihrem nordwestlichen Rand bis zum Ende der lokal bewohnten Insel Dhigurah an ihrem nordöstlichen Ende. Es ist das das größte Schutzgebiet der Malediven, umfasst 42 km² Korallenriff-Lebensraum und wurde aufgrund seiner Bedeutung als weltweit bedeutender Sammelplatz für den Walhai zum Schutz ausgewählt. Unsere hauptsächliche Aufgabe bestand logischerweise darin, Walhaie zu finden. Walhaie werden rund 14 Meter lang und bis zu 12 Tonnen schwer. Vermutlich trotzdem nicht so leicht dachte ich mir bei der Sicht auf den großen weiten Ozean, aber gesagt, getan. Bereits am ersten Tag hatte wir un-glaubliches Glück und durften nicht nur einen Walhai, sondern zwei sich kurz umkreisende Walhaie beobachten. Während wir als freiwillige Helfer unsere erste Begegnung mit die-sen unglaublich sanften Riesen kaum in Worte fassen oder irgendwie anders beschreiben konnten, sammelten unsere Projektleiter schon die ersten Daten, wie Schwimmrichtung und -tiefe, schossen Fotos zum Identifizieren, vermassen die Länge sowie die Riff-Tiefe. Walhaie sind die größten Haie der Welt, zum Glück aber nicht besonders schnell und äu-ßerst sanftmütig. Das Fleckenmuster auf dem Rücken von Walhaien ist so einzigartig wie der menschliche Fingerabdruck, jedes einzelne Tier lässt sich anhand seiner Punkte iden-tifizieren. Zurück auf dem Expeditionsboot konnten wir, nachdem wir uns wieder gefasst hatten, endlich auch einbringen und nutzten Kompass, ein kleines Windrad und andere Gerätschaften um die Wind- und Strömungsgeschwindigkeit sowie die Windrichtung und -stärke zu messen. Selbstverständlich wurde auch die GPS-Position, die Dauer der Be-obachtung, der Wellengang sowie die Wetterbedingungen dokumentiert.
Neben der primären Erforschung der Walhaie und der direkten Einflüsse gab es aber noch viele weitere nützlichen Daten zu sammeln. Bei allen Walhai-Sichtungen wurde die Anzahl der Personen im Wasser und auf den Ausflugs- und Tauchbooten aufgenommen. Ebenso wurde das Verhalten inklusive möglicher Verstöße gegen Naturschutzrichtlinien der Tou-risten sowie der Guides und Bootsfahrer dokumentiert. Abseits von Walhai-Beobachtungen wurde jedes Boot, welches im Meeresschutzgebiet unterwegs war in eine Liste aufgenommen. Dazu wurden die GPS-Koordinaten, der Name des Boots, der Typ und die Anzahl der Personen eingetragen.
Spannender als das Eintragen der anderen Schiffe war das Megafauna log, eine Daten-sammlung für andere wichtige Tierarten im Meeresschutzgebiet. Zu diesen Spezies zäh-len unterschiedliche Arten von Delfinen, Meeresschildkröten, Rochen und Haie.
Neben dem täglichen durchkreuzen des Meeresgebietes und dem Suchen nach Walhaien blieb auch immer wieder Zeit um zwischendurch an verschiedenen Riffen zu schnorcheln. Während unsere Projektleiter die Korallen untersuchten hielten wir weiter Ausschau und kamen der Meeresfauna ganz nah. Ich kann immer noch nicht glauben, wie vielfältig die Unterwasserwelt ist. Wenn wir von Fisch sprechen, nun ja; es gibt rund 30.000 Fischarten in den Ozeanen dieser Welt. 30.000! Dazu kommen 5.000 Korallenarten und jede Menge andere Lebensarten und -formen.
Und so war jedes Abtauchen in die Welt unter die Meeresoberfläche ein Abtauchen in eine andere Welt. Die meisten Fische hielten immer ein wenig Abstand, es gab auch ein paar Neugierige. Ganz besonders hat mich die Begegnung mit „Nemo“ einem Anemonenfisch gefreut. Bunte Doktorfische, gestreifte Lippfische, quirlige Fledermausfische sowie ver-schiedene Papageienfische zählten ebenso zu den üblichen Riffbewohnern wie Riesen-muscheln, Seeigel und Muränen. An Land und in der Luft gab es vielen Einsiedlerkrebse, Krabben, Flughunde, Seeschwalben und Fregattvögel zu beobachten.
Die zwei spektakulärsten Begegnungen hatte wir am letzten Tag des Forschungsabenteuers. Nach einem verregneten und Wolken bedeckten Morgen ohne besondere Sichtun-gen konnten wir minutenlang an einer Stelle 4 unterschiedliche Walhaie beim vertikalen Fressen beobachten. Diese Art zu fressen ist einzigartig, denn er stellt sich senkrecht mit dem Kopf zur Wasseroberfläche auf und öffnet sein riesiges Maul. So saugt er riesige Mengen an Wasser ein, aus dem er seine Nahrung wie Plankton, andere Kleinstlebewesen und kleine Fische filtert. In einer Stunde können das fast 6.000 Liter Wasser sein, die der Walhai durch seine Kiemen laufen lässt und pro Tag sind es dann bis zu 200 Kilogramm Plankton, die der Walhai frisst.
Kurz nachdem wir wieder an Bord waren, tauchte ein riesiger Schwarm Teufelsrochen an der Wasseroberfläche direkt vor unserem Boot auf. Wir sprangen blitzschnell erneut ins Wasser und konnten mehr als 50 Rochen mehrere Minuten lang beim langsamen und synchronisierten gleiten und schweben durch das blaue Nass beobachten. Eine wunder-volle Art Unterwasserballett.
Die Forschungsarbeiten beinhaltete logischerweise nicht nur unsere täglichen Such- und Expeditionsfahrten. Nach der meist abendlichen Rückkehr zur MV Felicity, unserer schwimmenden Basis, wurden die am Tag gewonnenen Erkenntnisse und Daten digital verarbeitet, Fotos und Videos sortiert und die Eindrücke des Tages besprochen. An den Abenden ging es dann mit Vorträgen und Dokumentation über die Malediven und die wei-te Welt der Meere weiter.
Für unser leiblich Wohl war ebenfalls Bestens gesorgt. Ein kleines Team aus Köchen und Crewmitgliedern zauberte jeden Tag leckere, würzige, scharfe, süße Köstlichkeit auf den Tisch. Reis, Curry, Fisch. Fisch-Reis-Curry! Und vieles mehr. Das ganze Team vom Meeresschutzprojekt MWSRP, angefangen bei den Projektleitern bis hin zu unseren jungen Bootsfahrern machte einen fantastischen Job und war super nett und hilfreich in allen Situationen. Deswegen hier auch einen ganz großen Dank an das Team und alle anderen Freiwilligenhelfer.

 

 

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